Stille

Ich wünsche mir den Glanz der Stille. Ruhe und Frieden.

Eine Stille, die unter all dem Lärm beständig bleibt, die einen Raum bietet, in den ich immer wieder eintauchen kann. Stille ist der Ort an dem ich glücklich sein kann. An dem ich nicht muss, nicht leiste, nicht bin. Oder vorgebe zu sein. Stille ist dort, wo ich leer bin.

Stille. Das ist ein nieselveregneter Tag mit böigem Wind. Und ich spaziere in meine Regenjacke gehüllt und genieße.

Stille. Das ist trotz der großen Ablenkung nichts zu wollen, nichts zu erwarten.

Stille. Das ist in Zeiten des Umbruchs bei mir zu bleiben und mich trotzdem aufzulösen.

Stille. Das ist die grüne Prinzessin mit dem goldenen, wallenden Haar und den Blumen im Arm. Und sie ist gleichzeitig all das nicht.

Stille ist laut. Stille ist leer. Und gefüllt mit dem Alles. Sie ist ich und doch nicht.
Stille ist sauber, sie ist rein. Und doch ist all das nur ein Schein.

Sie ist ein Wesen, ein Dämon, der alles bricht. Stille rückt den Lärm ins echte Licht. Stille ist dunkel und sie ist warm. Und sie hält mich in ihrem Arm. Im anderen scheint sie die Welt zu tragen. Ist sie das Universum? – muss ich mich fragen …

Ich dachte es sei Regen, doch es ist Wasser das kocht. Welch‘ Segen, dass mein Herz so pocht, wenn ich der Stille begegne. Denn dann ist es ruhig – in mir.

Still – sagst du – wir sind jetzt hier.

Doch dann beginne ich mich wieder zu fragen, hab ich nicht so viele Dinge zu sagen, so vieles was mir auf der Seele drückt – ich sehe den Mond und binverzückt
wie gläsern er wirkt in seinem silbrigen Schein …
die Stille ist manchmal wie ein Glas Wein,
das ich sehr achtsam leere.
Denn würde ich schneller trinken als ich –– könnte –– ich die Konsequenzen nicht tragen und käme nicht umhin mich erneut zu fragen:
wie viele hatte ich denn schon? Und was erzeugt in meinem Ohr den Ton?

Wo es doch still sein sollte …

Und manchmal scheint die Stille – wunderbar – so weit entfernt, wie Panama.
Ich müsste reisen, suchen, sehr weit laufen und hunderte von Büchern kaufen,
so scheint es mir in jedem Fall – doch dann, als gäb es einen großen Knall,
verpufft das alles – und wie von Geisterhand ist all die Wahrheit die ich fand –
dahin – endlich …

Erleichterung macht sich b(e)reit und wahrlich fühl ich mich befreit
als wäre ich gewaschen, umgezogen, abgeschminkt. Mein Geist – er hat sich
neu verlinkt ….

Und still! Schweig! –t es in mir. Zurück bin ich. Hier, wo ich schon vorher war.
So weit entfernt, wie Panama.
Erscheint es doch so sehr bekannt, wo war ich denn dann hingerannt, die ganze Zeit auf meiner Suche? Ich weiß es nicht und ich verfluche all dieses Selbstfindungsgequatsche, ich kauf mir eine Fliegenklatsche

und hau mir selber eine rein
denn ich war wohl zu mir ein Sch(w)ein.

Damit ist Schluss. Ich schmeiß die Fliegenklatsche weg. Sie ist aus Kunststoff.
Wer braucht schon diesen neumodischen _ Kram?

Zurück zu mir und in die Stille gehen. Sich selbst in allem wieder sehen.
Ein Spiegel ist das alles hier. Tausend Varianten von und die mit mir
die Welt jetzt neu erfinden – Tag für Tag. Und ich beklag – mich nicht.

Ich bin also die Fliegenklatsche. Ganz still und leise, ohne viel Gequatsche,
tue ich einfach was zu tun is. Und lande so im Fliegenschiss.

Doch dort, auch dort ist Stille. Klar und rein. Leise, gar zart scheint sie zu sein.
Eine Blüte, so fein und so zerbrechlich. Als wäre sie nur oberflächlich;
seidig, glänzend, glitzernd, zweimal so zart.
Manchmal ist still auch ganz schön hart.

Stille ist alles und Stille ist nicht – eigentlich hat sie für mich kaum ein Gesicht.

Stille ist wie ein nieselveregnter Tag, Stille ist wenn ich gehe obwohl ich dich mag.

Stille ist wie ein böiger Wind, so still wie ein selig schlafendes Kind.
Stille ist Pogo und ich mittendrin. Stille ist ein gut gefüllter Pickel am Kinn.
Stille, sie ist wie Konzentration, Stille ist eine Revolution.

Wenn ich still bin dann sterbe ich dich, aber gleichzeitig überlebe ich mich.
Sterben und werden, vergänglich wie immer. Stille in einem überfüllten Zimmer.
Kann angenehm sein oder auch nicht.
Stille ist wie Schönheit und Licht. Aber wie Dunkelheit auch und ich halte jetzt inne, denn still das ist, wenn ich nicht mehr singe.

Die Gläser sind doch alle halb voll – Stille ist einfach wundertoll. …

 

Diesen Text findest du auch in meinem Buch „Jeder Tag Gedankentanz“