Vögel, Frösche, Königinnen

Ich schreibe heute mal über ein Konzert – oder: ein Trip Richtung Abgrund – fallen oder doch fliegen?

Ein Abend, wie früher. Nur anders. Eine Location, wie früher. Immer noch genauso. Wie heim kommen. Mit renovierten Toiletten. Menschen, die meisten bekannt, die anderen eher neu für mich. Nichts, was mich einengt und dennoch irgendwie anfangs recht unbequem. Lösung. Ein wichtiges Schriftstück und sieben wunderbare Begegnungen später … der Eingangston einer neuartigen altbekannten Version einer Musik, die ich lange vermisst habe. Königlich. Power und Energie, tief und schwer, treibend und dennoch verspielt, im Stile von … ein bisschen wie … … … ach immer diese Vergleiche. Irgendwie anders, neu und dennoch wie zu Hause. Absolut genießbar.
Ich bin glücklich hier zu sein. Alles fühlt sich so weich an und sanft.

Rauchen, alkoholfreies Bier, Froschsterne … nicht gegrillt. Aber laut. Sehr, verdammt laut. Puh. Und noch mehr wahnsinnige Energie. Und währenddessen mittendrin: ein barfüßiger Veranstalter auf der Bühne, ganz sanft und still und leicht in all dem Lärm. Und ein Wiesenzwerg, der springt, schreiend, voller Freude, unterhaltsam und wirklich herrlich lustig. Alles erinnert mich an früher.

Es ist das Wochenende der Mindesthaltbarkeitsdaten. Vier von 14 Lebensmitteln, die ich getroffen und verzehrt habe in den letzten 12 Stunden waren drüber. Und das sind viele. Normalerweise esse ich die nicht mehr. Normalerweise bin ich da echt zimperlich.
Und ich frage mich: Sind wir es auch? Sind wir auch drüber? Von früher? Ein bisschen verfallen, ein bisschen nicht-mehr-gut? Zwanzig Jahre her?
Im Ernst … ich mache mir Sorgen. Ich fühle mich ein bisschen … alt. Geht das noch so? Mit fast – ich mag es gar nicht schreiben – 40? So tun, als wäre man jung? Wenn doch beim Bewegen und Tanzen ALLES irgendwie schwabbelt und sich bewegt? Es ist ja nun nicht mehr so, dass man nur sich bewegt, man bewegt sich ja mittlerweile GANZ. Das ganze System kommt in Wallung, jede einzelne Rolle schwingt mit … wenn ich wirklich loslasse … yeah! Und vielleicht ist das ja sogar gut … irgendwie … da kommen wir später noch drauf. …

Nach der Umbaupause werden wir mit einem gewaltigen Urlärm aus den Bänken gepresst. Woah! Ich befürchte mir platzen die Synapsen und stehe sofort. Vögel. Was sich hält ist allerdings nicht nur Lärm, nein es wird eine wahrlich vielfältige, hübsch bunte Reise in einen Abgrund des nicht Wissens. Und es ist so egal. Vergiss es einfach. Vergiss alles was du weißt und was du geglaubt hast. Du kannst tun, hören, sehen was du willst. Dich frei erfahren in dem endlosen Raum der möglichen Wahrscheinlichkeiten, in der ausgeweideten Verletzlichkeit des WASAUCHIMMER.

Früher war Musik so fürchterlich definiert. Die Bands waren entweder böse oder laut oder schwarz oder Boys. Die Musik hatte klare Grenzen, Metal, Rock, Grunge, Pop, Hip Hop, alles irgendwie strukturiert. Außer vielleicht Jazz. Alles so klar. Und ein bisschen auch streng und eng. Schubladisiert. Und mir fast zu starr.
Aber an diesem Samstag ist mir klar geworden, es wurde für mich fühlbar, tatsächlich erfahrbar – durch alle Sinne und Grenzen hindurch, der ganze fleischgewordene Körper hat bis ins Mark hinein vibriert bei jedem Ton – dass es keine Grenzen mehr gibt. Die Vielfältigkeit darf und möchte endlich gelebt werden. Metal ist nicht mehr nur Metal, Hip Hop ist nicht mehr nur Hip Hop, freaky ist nicht mehr nur freaky. Es verschwimmt und wir dürfen alles sein. Musik, Kunst oder Leben. Nirgends ist noch mehr etwas verboten. Geist erweiternd. Ohren öffnend. Augen verschwimmend. Formen verschwindend. Die Tendenz geht zu EINEM Ganzen. Aus der Seele. Aus dem Herzen. Wie schön!

Eine gesamtsystemische Bewegung – und wer jetzt hier den Bogen nicht kriegt ist selber Schuld 😉

Insofern ist es auch nicht mehr so wichtig, ob alt, ob jung, ob groß ob klein. Ich darf. Du darfst. Er, sie, es darf. Sich alt, jung, lebendig, starr, dünn, dick, schwabbelig oder fest fühlen. Verfallen oder nicht. Drüber oder nicht. Wer weiß das schon so genau, was ist das schon im Detail… Ts.

Definition ist Ansichtssache. Und einen Versuch wert.

Der Geist ist frei. Das Herz verletzlich, sanft und weich. Die Seele offen.
Oder umgekehrt?

Egal … fühl es einfach! Trage es ins Leben hinein. Spring! Und dann flieg endlich!

WOOOHOOOOOO!