Ich mag Dienstage. Ich sitze am Computer. Es ist warm in meinem Büro. Nur meine Füße sehnen sich nach dickeren Socken. Ich tendiere dazu, sie immer zu kühl zu kleiden. Ich denke, sie könnten sich selbst wärmen, wenn sie sich ein bisschen anstrengen würden. Zumindest schicke ich ihnen warme Gedanken. Hihi. Ob ihnen das hilft, weiß ich nicht. Aber denken lenkt mich ab von den kalten Füßen.
Draußen fällt Schnee.
Der Schnee ist zauberhaft. Für mich ist es jedes mal ein Wunder, wie perfekt und schön er ist. So eine Schneeflocke von ganz nah betrachtet ist einfach unfassbar perfekt. Und von weit weg verändert sie die Welt in ihrer Fülle. Die Welt wird gezuckert. Der Schnee legt sich wie eine dünne Schicht Puderzucker auf die Landschaft. Schicht um Schicht verdeckt er was sichtbar war und hinterlässt eine flauscheweiche Decke, in die man sich am liebsten kuscheln möchte, wenn sie nicht so kalt wäre.
Die Welt wird still.
Der Klang verändert sich. Alles ist gedämpft und hört sich wärmer an, als zuvor. Gleichzeitig trägt der Schnee den Schall auf seiner Oberfläche viel weiter, wahrscheinlich, weil er nicht von so viel Oberflächenunruhe gebrochen wird. Er kann einfach über die geschlossene Schneedecke hinweg gleiten. Unsere Nachbarn haben bei unserer letzten Konversation zu dem Projekt auf der Terrasse jedes Wort verstanden. Vielleicht haben wir auch ein bisschen lauter … ähm … geredet als sonst. Das passiert bei Projekten öfters.
Und auch das Innere schweigt.
Zumindest würde es das gerne. Aber vom künstlichen Licht, den Bildschirmen, Social Media und allem menschlich Erschaffenen sonst abgelenkt, kann es nicht. Es redet und denkt und versucht und macht und tut. Es hudelt und rumpelt und poltert. Es findet tatsächlich keine Ruhe. Und sucht nach ihr. Ununterbrochen. Es tut dies und jenes und selbes und noch etwas um endlich die lang ersehnte Ruhe zu haben. Vielleicht würde Ruhe geben helfen. Ja, einfach aufhören.
Still werden.
Das wäre gut. Der Zeit ihren Lauf lassen. Sie vorbei ziehen lassen. Atmen. Agieren, wenn es soweit ist. In einem natürlichen Rhythmus. Ganz so, wie es aus dem Inneren empor steigt. Kommen lassen. Die Dinge werden sich zeigen, wenn sie reif sind. Man feuert ja die Äpfel auch nicht an, reif zu werden. Man gibt ihnen ihre Zeit und wartet. Im besten Fall merkt man gar nicht, wie man wartet, sondern erntet sie einfach, wenn es soweit ist.
Reifes ist bereit zum Ernten.
Ich blicke aus dem Fenster und frage mich, wann ich das letzte Mal etwas geerntet habe. Mir fällt ein, dass es das Heu war, im Sommer. Und das hat nur mittelmäßig Spaß gemacht, weil wir deshalb Streit hatten, mit einem Bekannten. Das war schade und ich fürchte mich vor der nächsten Begegnung mit ihm. Generell mag ich Streit mit Menschen außerhalb meiner Familie nicht. Ich weiß nie, wie ich das lösen soll. Lieber laufe ich davon. Das ist einfacher und weniger aufwendig. Es fällt mir sehr schwer, das anders zu lösen.
Und ich weiß nie, wann der richtige Zeitpunkt ist.
Bis ich es weiß. Und dann weiß ich auch die Lösung. Wenn sie sich zeigt. Und wenn ich unsicher bin, dann ist es noch nicht so weit oder ich brauche noch Informationen. Im Grunde ist es so einfach. Warten auf die Weisheit. Warten bis es sich zeigt. Warten auf das Emporsteigen aus dem Inneren. Warten, bis der Moment gekommen ist. Warten, bis die Lösung auf dem Tablett liegt. Manche Dinge lassen sich auch einfach aussitzen. Sie lösen sich wie von selbst.
Ja, ich weiß.
Aus dem Blickwinkel des stillen und zufriedenen Geistes lässt sich das ganz genau erkennen und von dort ist das sehr einfach zu sagen. Bin ich jedoch aufgewühlt innerlich oder ungeduldig, dann ist es nicht so klar sichtbar. Dann kann ich nichts sehen. Wenn ich unter Druck stehe und den weg haben will oder meine Gedanken schreien, sie bräuchten jetzt, genau jetzt, eine Lösung. Dann finde ich garantiert nichts. Und manchmal fällt es mir schwer den einen Zustand vom anderen zu unterscheiden.
Was hilft?
Schreiben. Yoga. Schwitzen. Arbeit. Und so weiter. Ja, das alles. Dennoch ist das alles Tätigkeit. Was wirklich hilft ist warten. Innerlich warten. Klar werden. Still werden. Untätig werden vielleicht. Dem wahren Spirit lauschen. Zuhören, was gehört werden möchte. Dort ist Klarheit. Finden ohne Suchen. Empfangen ohne Erwarten. Zuhören ohne Interpretation.
Wie geht das?
Zulassen. Loslassen. Sein lassen, was da ist. Lächeln und staunen. Dem Zauber der Zeit folgen. Die Zeit klären lassen, was geklärt werden will.
Lass dich verzaubern …